Sonntagmorgen 7.45 in der Schule?

von Michael Obenaus

Skilager 2011

Sonntagmorgen, 9. Januar,  7.45 Uhr, kein Mensch lässt sich um diese Zeit auf der Straße blicken. Plötzlich erscheinen aus jeder Richtung junge Menschen, auch noch freiwillig und gut gelaunt kommen sie zur Schule. Wie das geht? Na Skilager stand auf dem Programm.
Und so verstauten 25 aufgeregte Schüler und 5 nervenstarke Erwachsene ihre Koffer und Taschen in vier Kleinbussen, um die Reise ins Allgäu aufzunehmen, die diesmal sehr schnell und ohne Wetterkapriolen vonstatten ging. Die Frage, ob denn noch genug Schnee läge und wie das Wetter werden würde, beherrschte ganz im Gegensatz zu den letzten beiden Jahren die Gespräche.

Mindestens ebenso heiß diskutiert wurde die Frage der Zimmeraufteilung, die schon geschehen war, bevor die Lehrer überhaupt die erste Etage betreten hatten. Kurz Auspacken und dann gleich los „zum Kleiter“ - die Ski ausleihen. Herr Kleiter ist seit über fünfzig Jahren Leiter der Jugendherbergen in und um Immenstadt und hatte in seiner einzigartigen Weise immer gute Ratschläge und einprägsame Demonstrationen zum Skifahren oder zum Kochen für uns parat. Die „alten Hasen“ hatten also allerlei Geschichten zu erzählen, bevor es darum ging, das passende Skimaterial zu finden. Die große Herausforderung bestand darin, Schuhe, Ski, Stöcke und Helm zu finden, einstellen und beschriften zu lassen und dann auch noch ins Auto zu transportieren. Schließlich packten alle an und als das Material im Bus verstaut war und wir wieder in unserem „Basislager“, einem alten Dorfgasthof im Stadtteil Altmummen, angekommen waren, duftete es aus der Küche verführerisch nach Bratkartoffeln. Frau Lierke, Herr Meissner, Anna und Leon hatten in der Zeit ein leckeres Abendessen vorbereitet.

„Nach dem Abendbrot gibt’s dann noch eine langweilige Belehrung.“, so wurden die Neulinge aufgeklärt. Und damit das diesmal nicht so langweilig wurde, durften die „erfahrenen Hasen“ die Belehrung vornehmen. Ob`s weniger langweilig war? Auf jeden Fall stieg die Spannung bei der Einteilung der Skigruppen. „Wer wird wohl in diesem Jahr die Anfänger nehmen? Zu welcher Gruppe werde ich eingeteilt?“ Die Spannung blieb bestehen, denn erst am nächsten Tag sollten die Anfänger mit Herrn Obenaus aufbrechen und alle Fortgeschrittenen mussten ihr Können unter Beweis stellen. Nicht alle waren mit ihrer Einteilung einverstanden, aber da die Gruppen über die Woche immer wieder gewechselt wurden, blieb der Aufstand doch aus. Drei Tagen bei guten Schneebedingungen im wunderschönen Skigebiet „Oberjoch“ folgte leider ein Tag mit Dauerregen und Sturmböen, so dass wir kurzerhand auf die Schlittschuhe und das Freizeitbad ausgewichen sind. Eine willkommene Abwechslung, wie sich an der Stimmung beim Mittagessen zeigte. Nachdem wir uns an Georgs Riesenschnitzeln gestärkt hatten, sangen oder besser grölten alle gemeinsam Apres-Ski-Hits durch die Hütte, dass die Wände wackelten.

Der letzte Tag sollte nochmal für den Regentag entschädigen, doch am Morgen erschien der Himmel immer noch trübe und zugezogen. Das Thermometer zeigte erneut Temperaturen deutlich über 0°C. Also blieb nur noch das „Fellhorn“ bei Oberstdorf  als hochgelegenes Skigebiet übrig. Dort angekommen, machte sich gerade bei den Anfängern etwas Nervosität breit: „Ich bin doch noch nie mit einer Gondel gefahren.“  „Da sollen wir runterfahren? Wie steil ist das da oben?“ Die Stimmung entspannte sich, als die Gondeln aus der Wolkenschicht auftauchten und plötzlich azurblauer Himmel und Sonnenschein herrschte. Beim Ausstieg an der Mittelstation und dem Blick auf die einzige blaue Piste verschwand bei einigen jedoch die Gesichtsfarbe erneut. Nach doch einigen ängstlichen Kurven und auch mehreren Stürzen, hatten alle Anfänger auch die einfachen roten Pisten sicher im Griff und konnten während der Mittagspause den anderen stolz von ihren Großtaten berichten. Mit so viel Selbstvertrauen ausgestattet, folgten die Anfänger nach der Mittagspause den „Profis“ auch noch bis auf den Gipfel. Gemeinsam quetschten wir uns in die große Gondel, die uns auf 1967m absetzte. Der Werbeslogan des Fellhorn lautet „Das Höchste im Allgäu“, nun wussten wir warum. Ein wunderbarer Rundblick ins Kleinwalsertal mit Ifen und Kanzelwand und auf Oberstdorf, das unterm Nebel verschwunden und nur am Nebelhorn zu erkennen war.

Schon wieder waren einige der Nicht-Mehr-Anfänger beim Anblick der Pisten ohne Gesichtsfarbe und begannen fürchterlich zu schimpfen. Tapfer folgten sie schließlich ihrem Skilehrer – was sollten sie auch allein da oben tun – der sie nicht, wie erwartet, die steilen Pisten hinunter führte, sondern auf dem Grat und schließlich auf teilweise blauen und einfachen roten Pisten auf große Fahrt rund um das Skigebiet mitnahm. „Können wir die Runde nochmal fahren?“ - die Gesichtsfarbe war auch wieder da.
Mit einem grandiosen Skitag und vor allem unfallfrei hatten wir die Skiwoche beendet. Doch bevor es am nächsten Tag wieder nach Hause gehen konnte, gab es noch eine Menge zu tun: Rückfahrt nach Immenstadt, Leihski abgeben, Abrechnung mit Herrn Kleiter, Abendessen vorbereiten, Kurzski präparieren, Putzdienste für den nächsten Tag einteilen und vor allem den letzten Abend vorbereiten. Jedes Zimmer sollte einen Programmpunkt liefern und so wurde die Nachtruhe ein wenig nach hinten verlegt.

Als wir am Samstagnachmittag nach Hausputz und einigen Stunden Fahrt wieder in Jena anlangten, hatten die „alten Hasen“ eine Woche lang Verantwortung für die Neulinge übernommen, in gemischten Gruppen gemeinsam gekocht, gute Ratschläge verteilt, abgewaschen, geputzt, waren Ski gefahren und vieles mehr. Beim Anblick der Schule und in den kommenden Tagen war diese Einstellung jedoch bei einigen scheinbar verschwunden. Vielleicht sollten wir immer Sonntagmorgen 7.45 Uhr mit der Schule beginnen?

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(Autor: Daniel Holzmüller)

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